„All unsere Freunde sind König, die siebte Korporalschaft ist König und die Jungs vom Hohen Stein sowieso.“
Mit begeistertem Jubel wurde am Samstag das Olper Königspaar Rainer Brüser und Dorothee Sternberg beim Schützenball in der guten Stube der Kreisstadt empfangen. König Rainer im schwarzen Zwirn mit blütenweißem Hemd strahlte – wie ihn die Olper nicht anders kennen – über das ganze Gesicht. Und seine Königin Doro sah in ihrem weißen Kleid aus Seide einfach bezaubernd aus. Die weißen Rosen ihres Blumenstraußes fanden sich in ihrer tollen Hochsteckfrisur und im Bühnenschmuck wider.
Der Musikverein Rehringhausen war nach zehn Jahren wieder Festmusik beim Ball. Für Dirigent Christoph Scheppe ein besonderer Anlass. Er ist amtierender König im Bundesgolddorf und hatte mit seinem Orchester ein tolles Programm für seinen Olper Königskollegen einstudiert. Nach der Eröffnung mit dem flotten Marsch „Waidmannsheil“, dem amerikanischen Werk „Fored in Fire“ und dem eher unbekannten melodischen „Marche Militaire Francaise“ setzte Klarinettistin Annika Linse bei der Darbietung des ungarischen Tanzes solistische Akzente.
Schützenmajor Peter Liese ließ bei der Rückschau auf das Schützenfest 2017 den verregneten Montag Revue passieren, an dem der Himmel am frühen Morgen noch die Farbe Himmelblau, die Maler mit „RAL 5015“ bezeichnen, gezeigt habe. „Der 138. Schuss um 11.07 Uhr aus der Flinte von Schützenbruder Rainer Brüser löste nicht nur den Rest des Vogels aus dem Kugelfang, sondern auch ohrenbetäubenden Jubel aus. Lieber Rainer, nach diesem Wahnsinns-Knall rissest du deine Arme in die Luft und das Grinsen in deinem Gesicht hat bis heute kein bisschen nachgelassen. Am Rotweintisch rief Königin Dorothee immer wieder ‚Wir sind König‘, und gemeinsam nahmt ihr die vielen Gratulationen entgegen.“ Bei seinen Recherchen über den König fand der Major heraus, dass „Olpes schönster Sohn“, wie er sich mal selbst bezeichnet habe, ein Glückskind sein muss. Verschont von der Bundeswehr habe er Fußball bei der Spielvereinigung Olpe gespielt, als DJ und Wirt im Gasthof zum Bogen und in der „Linde“ den Mädels den Kopf verdreht und sich mit einem Getränkemarkt selbstständig gemacht, bevor er im Jahr 2005 Gebietsverkaufsleiter bei der Krombacher Brauerei wurde und vor zehn Jahren seine Dorothee kennengelernt habe. Und diese sei besonders ordnungsliebend. Wenn sich Rainer ein Glas aus dem Schrank hole und es auf den Tisch stelle, sei es längst wieder im Schrank verschwunden, wenn er nach Sekunden mit der Wasserflasche zurückkomme. Als Bayern-Fan schrubbe sie nach schlechten Spielen immer irgendwelche Sachen und Einrichtungsgegenstände. Rainer habe ihm verraten, dass er froh sei, dass sie kein FC-Köln-Fan ist. Dann wäre der Lack schon längst überall wegpoliert.
Aus Reihen der Ehrengäste begrüßte der Major besonders die 40-jährige Jubelkönigin Marlies Schmelzer, die bei der Polonaise von ihrem 18-jährigen Enkelsohn Leon begleitet wurde, und das 25-jährige Jubelkönigspaar Markus und Andrea Arens. Zum Nachnamen von Schützenvikar Clemens Steiling hatte er im Duden eine passende Bedeutung gefunden: „Geistlicher, der auch im leicht fortgeschrittenen Alter sein jugendliches Aussehen behält.“
Stehende Ovationen gab es für den ehemaligen Leutnant Thomas Hardenacke, der nach 25 Jahren Vorstandsarbeit in der Buß- und Bettagssitzung verabschiedet wurde. Ein Hieb Richtung Hansestadt durfte in der Rede natürlich nicht fehlen. Der Major verriet, dass in Olpe das Auto eines Kattfillers nur dann verschrottet werde, wenn er darin sitzen bleibe.
Bei der vom Musikverein Rehringhausen dargebotenen „Nationalhymne“ erhoben sich alle Gäste von ihren Plätzen und sangen den Text mit. Nachdem das Orchester mit „Anchors a weigh“ den Anker geworfen hatte, folgte die Ansprache von Schützenkönig Rainer Brüser, dem „Engelchen“ vom Hohen Stein.
Er könne nicht sagen, dass mit dem Königsschuss ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen sei, wie oft Reden beim Schützenball beginnen würden. Denn im Jahr 1981, als sein Bruder Herbert den Vogel geschossen habe, habe er im Alter von 14 Jahren dem Schützenfest nichts abgewinnen können, das Bier habe ihm nicht geschmeckt, und Mädchen habe er doof gefunden. Zudem sei er extrem schüchtern gewesen. Genauso sei es ein Jahr später gewesen, als sein Vater Helmut neuer Schützenkönig von Olpe wurde. „Heulend sagte ich damals zu meiner Mutter: Eins schwöre ich dir, so einen Scheiß mache ich niemals im Leben“, gestand Brüser, der seiner Mama dankte, dass sie ihm dieses schwere Vergehen verziehen hat.
„So vergingen die Jahre, plötzlich schmeckte mir das Bier, plötzlich gefielen mir auch die Frauen, die waren gar nicht doof. Nur meine Schüchternheit, die ist bis heute geblieben“, gestand Rainer Brüser den Gästen und löste großes Lachen aus. Im Jahr 2007, dem 25. Jubeljahr seines Vaters, habe er zum ersten Mal ernsthaft auf den Vogel gehalten, den jedoch verdienterweise Peter Liese bezwungen habe. Das habe vorher keiner seiner Freunde gewusst. Selbst sein Freund Ralf Birkhölzer, in Olpe bekannt als „Birke“, habe nicht gescheckt, dass es sich bei der Liste mit Namen, Adressen und Telefonnummern, die er vor dem Schützenfest bei ihm entdeckte, um seine Königstischliste gehandelt habe. Im vergangenen Jahr habe er dann schießen müssen. Denn als er in der Nacht zum Montag nach Hause gekommen wäre, hätte seine Doro in weiser Voraussicht, dass er es schaffe, die ganze Wohnung dekoriert und 70 Portionen Gulaschsuppe aufgetaut. Zwar habe er immer gesagt, dass er bei Regen nicht schieße, doch Doro habe darauf bestanden. „Wir sind König, diesen Satz schrie Doro mir und vielen anderen nach dem Königsschuss zu. Er war für uns gedacht, bekam aber schnell eine andere Bedeutung: All unsere Freunde sind König, die siebte Korporalschaft ist König und die Jungs vom Hohen Stein sowieso“, sagte Rainer Brüser, der seiner Doro dankte, dass sie ihn zu diesem Königsschuss gedrängt hat und er diesen Tag erlebten durfte. Jedoch könne man nur mit der richtigen Frau an der Seite ein guter König sein: „Liebe Doro, bei dir habe ich immer das Gefühl, im Leben angekommen zu sein, du unterstützt mich in all meinem Tun, sowohl privat als auch beruflich. Und genau dafür liebe ich dich.“
Nachdem der Schützenkönig allen gedankt hatte, die ihn in seinem Königsjahr unterstützt haben, setzte der Musikverein Rehringhausen das von Peter Ohm moderierte Konzertprogramm mit dem „Olper Schützenmarsch“ fort, in den alle Gäste freudig einstimmten. Hautnah erlebte das Königspaar bei der Darbietung der beliebten Dudelsackmelodie „Highland Cathedral“ ein exzellentes Baritonsolo von Andreas Zeppenfeld. Die Gäste honorierten die Beiträge des Orchester mit frenetischem Applaus, und Major Peter Liese und Musikoffizier Peter Zeppenfeld dankten mit Blumen und einem guten Tropfen. Der Major erhielt von Dirigent Christoph Scheppe und vom Musikvereins-Vorsitzenden Thomas Nöcker einen Gutschein als „Sänfte-Träger“ beim Rehringhauser Frühschoppen und Schützenkönig Rainer Brüser eine Collage mit Fotos vom vergangenen Schützenfest im Bundesgolddorf. Bei den Zugaben zog sich „Olpes Gloria“ wie ein roter Faden durch das Marsch-Medley, in das Dirigent Christoph Scheppe die Stücke „Ich bete an die Macht der Liebe“ und „Tochter Zion“ sowie den Lockruf zur Königspolonaise eingearbeitet hatte.
Die von dem Königspaar gemeinsam mit Majorspaar Peter und Marion Liese angeführte Polonaise bildete im Anschluss einen Höhepunkt. Nach dem Walzertanz übernahm die Rhoder Band „Taktlos“ die musikalische Gestaltung. Es war ein Schützenball der Superlative, an dem mit dem beliebten Königspaar, pfiffigen Reden, einem exzellenten Konzertprogramm und der Stimmung unter den Gästen fast alles passte.
Einziges Manko: Der Service war unzureichend, und für einen solchen Anlass sollten ausreichend Getränkemarken zur Verfügung stehen.
Text und Fotos: Marianne Möller — Siegener Zeitung