Älteste Schützenfahne aus dem Jahre 1815

Schützenfahne aus dem Jahre 1884

Schützenfahne aus dem Jahre 1950

Schützenfahne aus dem Jahre 1953

Zur Geschichte und Restaurierung zweier Fahnen des St.-Sebastianus-Schützenvereins zu Olpe
Von Gudrun Hildebrandt,
Leiterin der Werkstatt für Textilrestaurierung in der
Zentralen Restaurierungswerkstatt, Gelsenkirchen
(Erschienen in “Heimatstimmen”)
Einleitung
Anfang des Jahres 1997 wurden auf Initiative des Stadtarchivs Olpe die beiden ältesten Schützenvereinsfahnen aus Olpe — quasi in einer Notrettungsaktion — in die Zentrale Restaurierungswerkstatt (ZRW) des Westfälischen Museumsamtes gebracht (1). Als sie in der Fachwerkstatt für Textilrestaurierung aus ihren schwarzen Schonetuis gezogen, auseinandergerollt und ausgebreitet wurden, bot sich allen Beteiligten das erschreckende Bild zweier über Jahrzehnte hinweg in Wind und Wetter getragener Fahnentücher im Stadium des fortgeschrittenen Verfalls. Die beiden ehemals stolzen Symbole der Vereinstradition waren als Marschfahnen aufeinandergefolgt, dann gemeinsam weitergetragen worden und erst in jüngster Zeit von neuen Schützenfahnen abgelöst worden.
Sowohl von Seiten der Stadt Olpe als auch vor allem seitens des Schützenvereins bestand der dringende Wunsch, die Zeugnisse der Vereinsgeschichte nicht weiter dem Zerfall preiszugeben, sondern sie in einer umfangreichen Restaurierungsmaßnahme zu bewahren und wieder präsentationswürdig zu machen.
Im vorliegenden Beitrag soll kurz über die aufwendigen, teilweise schwierigen Restaurierungsarbeiten an beiden Fahnen berichtet und auch auf interessante Details ihrer vormaligen Erhaltungsgeschichte eingegangen werden, die erst durch die Untersuchungen im Rahmen der Restaurierung entdeckt wurden.
Kurzbeschreibung der beiden Schützenfahnen
Beide Fahnen sind einseitig bemalte Seidenfahnen, sogenannte einblättrige Fahnen, die fest mit dem jeweiligen Fahnenschaft verbunden sind bzw. waren.
Sie zeigen jeweils im linken Fahnenfeld den Heiligen Martin von Tours, der “hoch zu Pferd” das Schwert hebt, um seinen Mantel oder Umhang für den vor Ihm knieenden Bettler zu teilen.
Im rechten Fahnenfeld wird jeweils der Heilige Sebastian in der üblichen Darstellungsweise — an einen Baum gebunden und von Pfeilen durchbohrt — wiedergegeben. So sind der Stadtpatron und der Patron des Schützenvereins auf einem Fahnenblatt vereinigt. (2)
Die ältere der beiden Schützenfahnen ist 1815 zu datieren und damit wohl eine der frühesten erhaltenen Schützenfahnen überhaupt.
Über den Personen der beiden Heiligen schweben jeweils geflügelte Puttenköpfchen, die einen geschwungenen Schriftzug quer über die gesamte Fahnenbreite halten, der — wenn auch fragmentarisch erhalten — dennoch lesbar ist: “Gewidmet der Schützenbruderschaft in Olpe 1815”. Den oberen und unteren Kantenabschluss bildet ein Fries aus stilisierten Akanthusblättern. Mit einem Streifen aus rotem Baumwollköper ist die Fahne umlaufend eingefasst und auf einer Metallborte an den Schaft genagelt. Zur Fahne gehört eine hölzerne Schaftverlängerung mit Messinghülse. Sie ist mit weinrotem Wollstoff bezogen und steckt in einer schwarzen Standhülse aus Leder.
Die 2. Fahne stammt aus dem Jahre 1884 und ist In Ihrer Bildaufteilung klarer strukturiert: Der Heilige Martin begegnet dem aufrecht ihm entgegengehenden, bittenden Bettler in einem Torbogen. Auf der rechten Seite bildet das dichte Blätterdach des Baumes, an dem der Heilige Sebastian seine Märtyrerqualen erleidet, den Rahmen. Hinter dem Heiligen ist der Blick freigegeben auf die vermutlich älteste Darstellung des Schützenplatzes mit Vogelstange auf dem Imberg. (3) Getrennt werden beide Szenen durch eine lilienbesetzte Mittelsäule, deren Basis auf der Jahreszahl 1884 ruht. Zwei Spruchbänder mit unvollständig erhaltenen großen, schwarzkonturierten Goldbuchstaben auf rostfarbenem Grund schließen die Darstellung ab. Am oberen Rand beginnen sie mit: “Dem St Sebastianus: Schützen…” und setzen sich am unteren Rand fort mit: “die Frauen der..”.
Allseitig wird das Fahnenblatt von einer mit Eichenlaubranken bestickten Randbordüre aus Baumwollatlas eingefasst. An drei Seiten bildet eine gekordelte Fransenborte den äußeren Randabschluss. Zur Fahne gehört eine mit rotem Leder bezogene Schaftverlängerung, deren Nagelband aus weißem Leder besteht.
Die Fahne von 1815
1. Schadensbild — Zustand vor der Restaurierung
Die Fahne zeigte die typischen Schäden eines textilen Trägers, der oft und lange durch alle Widrigkeiten des Wetters hindurch getragen wurde. Die sogenannte “Flatterseite oder ‑ecke”, die dem Schaft gegenüberliegende, freibewegliche Ecke der Fahne ist besonders starker Bewegung und enormer Zugbelastung ausgesetzt. Die Seide des Fahnenblattes ist deshalb hier fast gänzlich verloren, die Darstellung auf der linken Hälfte der Fahne nur sehr fragmentarisch erhalten.
Auffallend gut ist dagegen die Figur des Heiligen Sebastian auf der rechten Fahnenhälfte erhalten. Bei näherer Untersuchung des Gesamtfahnenblattes erlebten die Restauratoren eine Überraschung: Im Original sind alle Motive für sich auf Seide gemalt, anschließend ausgesöhnten und mit feinen Kappnähten auf ein durchgehendes Fahnenblatt wie eine Applikation aufgenäht. Der vermutlich älteste Teil der Fahne, die Figur des Heiligen Martin auf seinem Pferd, das Puttenköpfchen links und die roten Blattranken darüber sind auf diese Weise gearbeitet.
Die gesamte Figur des Sebastian mit den Bodenblattornamenten ist ganzflächig aufeine neue Seide gemalt und als durchgehendes Tableau im Ganzen auf das alte, nunmehr zerschlissene Fahnenblatt gesetzt. Die Anschlüsse an die frühere Darstellung des Sebastian-Baumes sind an der Baumkrone und den Zweigen links erkennbar.
Die Gesamtgestaltung der Sebastian-Figur ist also wesentlich später ausgeführt, die Malerei ist großflächig, fast grob im Vergleich zur feinen Struktur des Originals. Sie trägt Züge des 19. Jahrhunderts.
Vermutlich zeitgleich zur Erneuerung der Sebastian-Darstellung sind die zahlreichen neu unterlegten oder besser eingefügten Textilflächen entstanden. Zerschlissene Bereiche der Seidenfahne wurden aufgegeben, ausgeschnitten und durch den neuen, groben Baumwollköper ersetzt, der dann noch vielfach nachträglich farblich an das Original angeglichen wurde.
Diese neuen Applikationen sind in der gleichen Welse wie die ursprünglichen verarbeitet, einige aber auch nur offenkantig unter die Fehlstelle gesetzt (Helm und Knie des Heiligen Martin).
In diesem “reparierten” Zustand muss die Fahne dann wiederum sehr lange getragen worden sein, bis man sich zu einem letzten Eingriff zur Rettung der schwindenden Substanz entschloss: Die Fahne wurde im ganzen eingenetzt! (4) Das bedeutet: Das Fahnenblatt wurde mit einem grobmaschigen Baumwollnetz unterlegt und von der Fahnenoberseite aus mit einem festen Baumwollzwirn an den Kreuzungspunkten des Maschennetzes durchstochen und so mit diesem verbunden. Sinn und Vorteil dieser Methode bestand darin, selbst kleinste Fragmente eines Fahnenblattes in ihrer ursprünglichen Position zu fixieren. Der Nachteil ist offensichtlich: An den Knotenpunkten durchstößt das Baumwollnetz die Seide, es entstehen Löcher, die sich nach weiterem Tragen und Schwenken der Fahne zu Schlitzen erweitern, so dass schließlich das gesamte Fahnenfeld in Fragmentteile von Briefmarkengröße zerfällt
Hinzu kam, dass eingedrungene Feuchtigkeit die neuen Applikationsstoffe in sich wellig verziehen ließ und beulig aufwarf, das grobe Netz aber jetzt diese Deformationen in Ihrer Position festhält.
2. Restaurierungsmaßnahmen
Für die Restaurierung der Fahne (5) stand außer Frage, sie in ihrem letzten Erscheinungsbild bewahren zu wollen, was bedeutete, alle Ergänzungen in Form der neueingebrachten Applikationen und Unterlegungen zu belassen. An dem Objekt sollten jederzeit die vorausgegangenen Bemühungen um Erhaltung der Substanz ablesbar sein.
Als erster konservatorischer Schritt musste das Fahnenblatt im ganzen, d.h. mit allen neuen und verworfenen Applikationen, geglättet werden. Die Voraussetzung dafür war eine Entfernung des schädigenden, das Gewebe zusammenziehenden Netzes. Dazu wurden die Knoten auf der Oberseite der Fahne durchtrennt, so dass von der Unterseite her das Netz abfiel. Erst nach der vollständigen Netzabnahme konnte mit dem Glättungsprozess begonnen werden. Dieses geschah durch das Befeuchten mit fein zerstäubtem Wasserdampf aus einem Ultraschallbefeuchter. (6)
Schwierigkeiten während des Glättungsprozesses stellten die verschiedenartigen Applikationen dar. Sie nahmen die Feuchtigkeit unterschiedlich auf, wurden wellig und ließen sich nur schwer glätten. In wenigen Fällen mussten sie aus ihren Nähten gelöst, für sich behandelt und nach abgeschlossener Glättung wieder untergenäht werden. Eine Restaurierung — wie sonst üblich in der Textilrestaurierung — durch Unterlegung eines neuen Trägerstoffes, der mit dichtgesetzten Spannstichen am Original fixiert wird, musste aufgrund der extremen Fragilität des erhaltenen Seidengewebes der Fahne ausgeschlossen werden.
So blieb nur die ganzflächige Doublierung (7) auf eine zum Farbton des Originals passend eingefärbte Seidengaze (Crepeline) als Trägermaterial. Zur optischen Schließung der großflächigen Fehlstellenbereiche wurde ein Seidentaft (Pongée) im Neutralton des Fahnenhintergrundes gefärbt, darauf das geglättete und doublierte Fahnenblatt platziert. Alle drei Schichten wurden mit einem Stützliniensystem aus Vorstichreihen miteinander verbunden.
Die gesondert behandelte rote Baumwollbordüre wurde wieder an das Fahnenblatt gesetzt, Fehlstellen waren durch farblich passende Unterlegungen geschlossen worden. Das stabilisierte, restaurierte Blatt konnte nun mit der Bordüre erneut an den Fahnenschaft genagelt werden.
Die Fahne von 1884
1. Schadensbild — Zustand vor der Restaurierung
Eine Nachricht des Sauerländischen Volksblattes vom 11. Juli 1884 (8) erwähnt die “Schenkung einer neuen, aus schwerer, weißer Seide gearbeiteten Fahne an den Schützenverein. Die Franziskanessen aus Salzkotten haben sie mit einer Bordüre aus Eichenblättern versehen.”
Diese damals so strahlende Neuerwerbung — gestiftet von den Frauen der Stadt Olpe und feierlich eingeweiht am 12. Juli des Jahres — ähnelte im Schadensbild sehr ihrer Vorgängerin, als sie in die Restaurierungswerkstatt zur Schadensaufnahme kam. Die gesamte, dem Schaft gegenüberliegende Seite — hier die rechte Fahnenseite — ist durch das jahrelange Tragen stark zerschlissen. Die Zerstörungen im bemalten Seidengewebe müssen irgendwann so groß und störend gewesen sein, dass man sich entschloss, diesen schadhaften Teil des Fahnenblattes abzutrennen, die Randbordüre weiter nach innen zu setzen. Dabei wurde die ursprüngliche Symmetrie des Blattes mit der Säule als Mittelachse der Darstellung aufgegeben. Ein Teil der Sebastian-Figur verschwand in der neu aufgesteppten Bordüre.
Zu diesem Zeitpunkt wurde ebenfalls versucht, wie bei der 1. Fahne, durch Einnetzen der Gesamtfläche dem Zerfall des Seidenblattes entgegenzuwirken. Die Bordüre wurde in ihrer neuen Position miteinbezogen, die Knotenstiche für das Netz durchstechen alle die Randzonen der Bordüre.
Bei der Übernahme in der ZRW war nun diese ehemals neuversetzte Bordüre bereits wieder vollkommen zerschlissen, dichte Durchstopfungen mit grobem Garn sollten die Eichenlaub-Plattstickerei zusammenhalten, Teile des Schriftbandes waren bis zur Unleserlichkeit ausgebrochen. Großflächige Verfärbungen in den gesackten Bordüren zeugten vom langen Stehen im nassen, aufgerollten Zustand, die Schaftumwicklung zeigte lange Schlitze.
2. Restaurierungsmaßnahmen
Zur Entspannung des zusammengezogenen Gewebes wurde, genau wie bei der 1. Fahne, das beidseitige Netz entfernt. Um weitere Restaurierungsmaßnahmen (9) vorzubereiten, mussten sowohl des Fahnenblatt als auch die Bordüre geglättet werden. Die beidseitig stark zerschlissene rechte Bordürenseite wurde durch Auftrennen der Maschinennähte aus dem Bordürenrahmen gelöst und zur Restaurierung auseinandergeklappt
Sie enthielt überraschend die vermissten, weggeschnittenen Fragmente der Sebastian-Darstellung: Teile von Schulter und Fuß sowie zahlreiche Bäume aus der Hintergrundszenerie um den Imberg. Da alle diese wiedergefundenen Fragmente keinen direkten Anschluss mehr an die Sebastianfigur boten, wurden sie — nach fotografischer Dokumentation — in die restaurierte Bordüre zurückgegeben und wieder mit eingenäht. Vorder- und Unterseite der Bordüre wurden getrennt mit eingefärbtem Seidenpongée unterlegt, mit Spannstichen festgelegt, neu zusammengeklappt und gegengenäht.
Das geglättete Mittelfeld der Seidenfahne wurde wie bei Fahne 1 auf Crepeline doubliert und mit einem durchgehenden, neutral beige eingefärbten Trägerstoff (Seidenpongée) mit Stützliniensystem verbunden.
Die offenen, rechten Seitenkanten der Fahne wurden in die restaurierte Bordüre geschoben und in vorheriger Position mit der Hand festgenäht.
Zusammenfassung
Die Fahne des St.-Sebastianus-Schützenvereins von 1815 erscheint in ihrer Materialbeschaffenheit und in der Art ihrer Montierung als ein sehr empfindlicher, wenig strapazierfähiger Gegenstand und ist doch offensichtlich nahezu 70 Jahre unverdrossen beim jährlichen Schützenfest getragen worden. Zahlreiche “Ausbesserungen” haben dem kostbaren Stück zunehmend die Lesbarkeit der Darstellung genommen, bis man 1884 selbst befand, dass “die alte, aus dem Jahre 1815 stammende und darum leider sehr defekt gewordene Fahne” durch eine “neue, sehr schön ausgefallene” zu ersetzen sei (Sauerländisches Volksblatt).
Als auch diese Neuanfertigung begann, Empfindlichkeiten gegenüber Witterungseinflüssen und dem strapaziösen Dasein als Vereinsfahne zu zeigen, fing man diese Schwächen mit größter Sorgfalt auf, versuchte mit allen Mitteln der Textilkunst den fortschreitenden Zerfall zum Stillstand zu bringen. Liebevolle Ergänzungen, malerisches Angleichen von Neuunterlegungen, großzügiges Wegschneiden morbider Seidenpartien veränderten zunehmend das Aussehen der Stücke, zu eng angesetzte Randeinfassung (Fahne 1), zu straff aufgesteppte Bordüre (Fahne 2) zogen dabei das verbliebene Gewebe nur noch mehr ein. Diese Reparaturen waren — wohl verstanden — allesamt gut gemeint, fügten jedoch beiden Objekten im Laufe der Zeit mehr Schaden zu, als dass sie wirklich halfen. Den Höhe- und Schlusspunkt setzte schließlich die komplette Einnetzung. Mit dem regelmäßigen Durchstechen der seidenen Fahnenblätter hatte die Zeit nun überdeutlich ihre Spuren hinterlassen.
Die Aufgabe der Restaurierung beider Fahnen in der Textilwerkstatt der ZRW musste es somit sein, an den Objekten die Geschichte der schrittweisen Bemühungen um ihre Erhaltung und damit alle Spuren dieser Geschichte ablesbar zu bewahren, denn nur sie sind nachvollziehbare Dokumente einer historischen Entwicklung.
Die Konservierung des letzthin überkommenen Erhaltungszustandes sollte mit dem Wiedererlangen einer bedingten Flexibilität in der Bewegung gekoppelt werden, ohne dass die rückgewonnene Stabilität zu einem erneuten Benutzen der Objekte einlädt.
Die Restaurierungen beider Fahnentücher ist seit Anfang 1999 abgeschlossen. Die aufwendigen Restaurierungsmaßnahmen erfordern nun eine ausgewählte, konservatorisch unbedenkliche Präsentation dieser großen Objekte (10), flachliegend oder in leichtem Winkel auf einer großformatigen Holzplatte, die mit einem rutschfesten Stoff bezogen sein sollte, damit die strapazierten Gewebe nicht neuen Zugbelastungen ausgesetzt werden. Eine staubsichere Vitrine sollte sie zudem bei konstanten Klimabedingungen vor zu hohen Beleuchtungswerten schützen. (11) Nur in einer angemessenen Präsentationsform findet die Restaurierung der beiden Schützenfahnen aus Olpe ihren erwünschten Abschluss.
Beide Fahnen warten im Magazin der ZRW auf ihre Überführung an ihren endgültigen Standort. Dieser sollte sinnvollerweise in dem geplanten Olper Stadtmuseum sein, um hier der gesamten Bevölkerung die Möglichkeit zu geben, sich vom wiedererlangten Leben der beiden Fahnen zu überzeugen. Da Planung und Errichtung des neuen stadtgeschichtlichen Museums jedoch sicherlich noch einige Jahre in Anspruch nehmen werden, hat der Schützenvereinsvorstand am 29. März 2000 auf einem Ortstermin in Gegenwart des Chefrestaurators der ZRW, Herrn Ties Karstens, und des Olper Bürgermeisters, Herrn Horst Müller, beschlossen, die Fahnen für diese Übergangszeit im Speisesaal des Schützenhofes in neu zu beschaffenden, allen konservatorischen Anforderungen genügenden Vitrinen zu präsentieren.
1) Die ZRW ist als Außenstelle des Westfälschen Museumsamtes in dem westfälischen Wasserschloss Haus Lüttinghof am Stadtrand von Gelsenkirchen untergebracht. Der 1991 neuerrichtete Werkstattbau umfasst sieben Fachwerkstätten für Restaurierungen aller Sparten, die von einer Naturwissenschaftlichen Abteilung sowie einer Fotoabteilung in ihrer Arbeit unterstützt werden. ;
2) Bei beiden Fahnen ist die Darstellung lavierend in Art der Aquarelltechnik direkt auf den Seidenträger, d.h. ohne Grundierung und Vorzeichnung, aufgetragen.;
3) Die Vogelstange wurde um 1775 vom Stötchen zum Imberg verlegt, 1828 wurde das heutige Schützengelände daselbst angekauft (vgl.: Schöne, Manfred: Alt-Olpe. Siedlung und Verkehr im 19. Jahrhundert. Eine Studie zur historischen Stadttopographie. Olpe 1968. (=2. Beitrag zur Geschichte der Stadt Olpe). S. 17).;
4) Das Einnetzen ist eine sehr häufig angewendete Methode der Fahnenrestaurierung im 19. Jahrhundert, die dem Objekt allerdings auch noch nach der Abnahme des beidseitigen Netzes die Kästchenstruktur der Maschen unauslöschlich aufbrennt. Vgl: Worch, Maria Theresia und Elisabeth Jägers: Zur Restaurierung zerstörter Textilien. Aufgezeigt am Beispiel der Fahne des Jean Pierre Blanchard von 1785. In: Restauro 3 (1988), Merta, Klaus-Peter: Vom Umgang mit historischen Objekten im Berliner Zeughaus. Die Polleretzki-Standarten. In: Gesellschaft für Heereskunde (1997). S. 5–9.;
5) Zur Restaurierung der Fahne liegt unter AP 450 eine umfangreiche Textdokumentation mit Fototeil und ergänzenden Zeichnungen in der ZRW vor. Alle Maßnahmen wurden von Gudrun Hildebrandt (Werkstattleiterin) und Bercin Tasan (Praktikantin) durchgeführt.;
6) Das Textil nimmt schrittweise Feuchtigkeit auf, lässt sich entspannen, fadengerade ausrichten und wird durch kurzzeitiges Auflegen von Glasplatten geglättet. Wegen der Fahnengröße musste liegend auf einem Gerüst gearbeitet werden (Frau Tasan).;
7) Seidencrepeline wurde mit Lascaux-Acrylharzdispersion HV 360 : HV 498 : H20 = (1 : 2) : 8 beschichtet und mit Heizspachtel fixiert. Ausführliche Beschreibung in der Restaurierungsdokumentation (ZRW).;
8) Dankenswerter Hinweis von Herrn Josef Wermert, Stadtarchiv in Olpe.;
9) Zum detaillierten Ablauf der Restaurierungsmaßnahmen siehe Dokumentationsbericht unter AP 456 in der ZRW.;
10) Maße der Fahnen (Länge x Breite — ohne Schaft): Fahne von 1815: 222,0 x 166,0 cm; Fahne von 1884: 188,0 x 164,0 cm.;
11) Idealwerte für die Aufbewahrung/Präsentation von Textilien sind 55 — 60% relative Luftfeuchte bei 18- 20°C und 50 Lux maximaler Beleuchtungsstärke;