St. Sebastianus Schützenverein Olpe feiert heute Ball in der Stadthalle. Rede von König und Major
Ausgerechnet jetzt. Christoph Scheppe hält kurz inne und ruft dann: „Bitte konzentriert Euch ganz besonders, ich muss mit links dirigieren, denn ich habe eine Sehnenscheiden- Entzündung im rechten Arm!“ Es ist still auf der Bühne der Olper Stadthalle, die 54 Frauen und Männer des Musikvereins Rehringhausen wissen, worum es geht. Heute ist Schützenball in der Stadthalle und das Blasorchester aus dem 365 Einwohner zählenden Dorf macht für die rund 700 Gäste die Festmusik. „Das ist ein ganz wichtiger Auftritt für uns“, sagt Dirigent Scheppe, im richtigen Leben Lehrer für Deutsch und Religion an der St-Franziskus-Schule. Für ihn persönlich ist es zudem in doppelter Hinsicht ein ganz besonderer Abend: Nach 2008 treten er und das Orchester zum zweiten Mal bei diesem Top-Ereignis auf und er selbst ist amtierender Schützenkönig in Rehringshausen. „Ich wüsste nicht, dass es das in der Geschichte des Balles schon einmal gegeben hat“, sagt der 37-Jährige freudig in einer Pause, dann proben die Bläser weiter den Preußischen Präsentiermarsch und das Waidmannsheil.
Einmaliger Geburtstag
Schützenkönig Rainer Brüser und seine Königin und Lebensgefährtin Dorothee Sternberg freuen sich unbändig auf den festlichen Abend. Majestät hatte gestern Geburtstag, in einem solchen Rahmen hat er diesen sicher noch niemals in seinem Leben gefeiert. Der 51-Jährige kann jetzt ganz entspannt die Stunden bis zum feierlichen Einmarsch um 19.30 Uhr verbringen. Denn die beiden schwersten Aufgaben sind erledigt: Seine Rede ist fertig und die weit über die Kreisstadt hinaus begehrten Plätze am Königstisch sind vergeben. „Ich rede sehr gerne und sehr viel, aber eine Rede zu halten, ist doch etwas ganz anderes. Ich bin ganz schön nervös“, sagt Rainer Brüser lachend. 1500 Worte sind sein Limit, so die Maßgabe von Major Peter Liese, denn das entspricht einer Viertelstunde Sprechzeit. Schwieriger war das mit den Plätzen am Königstisch. Davon gibt es insgesamt nur 64. Gemeinsam mit Dorothee Sternberg seien die Entscheidungen gefallen. „Wir mussten schon hier und da diplomatisch sein“, erzählt der Schützenkönig und für einen Moment ist sein Gesichtsausdruck ernst. Die Faszination und der Zauber des Olper Schützenfestes bestünden darin, dass alle gemeinsam feiern; die ganze Stadt sei auf den Beinen und ohne Ausnahme stehe jeder hinter diesem Ereignis. Dass es heute Abend nur so wenige Plätze an der Sonne gibt, ist sicher auch deshalb schwer vermittelbar. „Das Schützenfest ist das Ereignis schlechthin in Olpe“, sagt Bürgermeister Peter Weber (CDU) und ergänzt: „Der Ball ist eines der schönsten gesellschaftlichen Ereignisse in der Stadt.“
Peter Weber
„Der Schützenball ist eines der schönsten gesellschaftlichen Ereignisse in Olpe.“
Christoph Scheppe
„Ich wüsste nicht, dass schon mal ein Schützenkönig beim Ball dirigiert hat.“
Ins Brauchtum hineingewachsen
„Wer Freude versprüht, bekommt auch Freude zurück“, sagt Königin Dorothee, die in Oedingerberg aufgewachsen ist, dem nach ihren Worten ältesten Dorf im Kreis. Ihr Vater war 1953 Schützenkönig, sie genießt jeden Augenblick der Regentschaft ihres Partners, hatte nach dessen Königsschuss im vergangenen Juli tagelang keine Stimme mehr. „Ich bin ins Brauchtum hineingewachsen“ erzählt die 51-Jährige. Sie hat den Tischschmuck ausgesucht, der zu ihrem Kleid passt. Die Farbe ihrer Abendgarderobe ist jedoch ein Geheimnis. Einer der vielen Höhepunkte im Programm des Balles: Die Polonaise mit dem Königspaar, dem Vorstand und dem Hofstaat. Auch wenn der rechte Arm schmerzt, Christoph Scheppe kann darauf keine Rücksicht nehmen, wenn er die Polonaise A‑Dur, Opus 40 Nr.1 von Frédéric Chopin dirigiert. Das Orchester braucht seine Führung und er die Gewissheit, abermals den Ansprüchen auf dieser großen Bühne zu genügen. Anschließend folgt der gemeinsame Walzer, Glück im Dreivierteltakt. „Wir mögen es, zu tanzen“, erzählt Schützenkönig Rainer Brüser, „Dorothee und ich feiern einfach gerne.“ Welch ein Jahr für die beiden; so viele unvergessliche Eindrücke, so viele großartige Bilder. „Alle sagen Majestät zu mir, die Zeit seit Juli ist einfach unbeschreiblich“, sagt Brüser. „Das ist Emotion pur, da habe ich schon ein königliches Gefühl, wir empfinden uns als geadelt“, sagt sie. „Ich liebe es“, sagt der König und fügt leise hinzu: „Ich hatte schon mehrfach Tränen in den Augen.“
Von Herbert Spies