Wenn die Olper Stadthalle an einem Abend in der Woche völlig ausverkauft ist, muss schon etwas Besonderes auf dem Kulturprogramm stehen. Ja, und es war etwas Besonders, was am Dienstagabend 850 Besucher in Olpe gute Stube zog. Es war dem St.-Sebastianus-Schützenverein Olpe gelungen, das Orchester, das als eines der besten Symphonischen Blasorchester der Welt und als Aushängeschild im konzertanten Bereich des Militärmusikdienstes gilt, für ein Benefizkonzert zu gewinnen. Begünstigte sind der Verein „Frauen helfen Frauen Olpe“, der Vereins für Menschen mit Behinderung Kreis Olpe und die Ökumenische Initiative Warenkorb Olpe.
Olpes Schützenmajor Peter Liese und Olpes Bürgermeister Peter Weber, der gern die Schirmherrschaft für das Benefizkonzert übernommen hatte, freuten sich über das volle Haus. Liese hob die besondere Verbundenheit des Schützenvereins zu den Orchestern der Bundeswehr hervor, die seit Jahrzehnten die Festmusik bei den Olper Schützenfesten übernehmen, und dankte dem Musikkorps unter Leitung von Oberstleutnant Christoph Scheibling für die Bereitschaft, für den guten Zweck aufzuspielen. Seinem Dank schloss sich der Bürgermeister an. „Die drei gemeinnützigen Organisationen können alle das Geld gut gebrachten.“ Er dankte auch dem Ehrenamt, das in der Kreisstadt bedeutsame Arbeit leistet.
Mit dem „Marsch der Schweizer Garde“ eröffnete das Musikkorps das Konzertprogramm. Oberstleutnant Christoph Scheibling erklärte den Gästen, dass das Orchester in den letzten zweieinhalb Jahren so viele Märsche wie noch nie gespielt hat. Hauptfeldwebel Patrick Raatz aus Grevenbrück, Posaunist im Musikkorps, habe die Idee geliefert, alle in den drei Armeemarschbänden enthaltenen Märsche chronologisch auf Tonträger einzuspielen. Das Orchester habe sich dieser Herkulesaufgabe, die eine große Menge an Zusatzinstrumenten erforderte, gestellt Die erste CD mit 40 Deutschen Armeemärschen aus dem Grünen Marschbuch (Präsentiermärsche, Parademärsche im Schritt für berittene Truppen und alle Zapfenstreiche) sei bereits erfolgreich auf dem Markt. Die zweite CD mit Märschen aus dem blauen Band (Parademärsche für Fußtruppen) erscheint in 14 Tagen und der dritte Tonträger mit Reitermärschen aus dem dritten und roten Band im Januar.
Scheibling hob die hohe Qualität hervor, die Musiker mitbringen müssen, um im Musikkorps der Bundeswehr mitzuspielen. Dass 13 der 60 Mitglieder aus dem Kreis Olpe kommen, ist sicher ein Beleg für den sehr guten Stand der Blasmusik in der Region, denn einige von ihnen sind Dirigenten und Mitglieder heimischer Orchester. Matthias Reißner (Horn), Eckehard Kästel (Posaune), Alexander Reuber (Trompeter), Daniel Ridder (Tuba), Sebastian Middel (Schlagzeug), Robert Heite (Klarinette), Marc Vogt (Schlagzeug), Patrick Raatz (Posaune), Marc Siewer (Horn), Michael Baust (Klarinette), Guido Schmitz (Klarinette), Harald Häuser (Horn) und Kirsten Siewer (Flöte) gehören zu den ausgewählten Instrumentalisten und wirken bei den repräsentativen Konzertveranstaltungen im In- und Ausland mit.
Wunderschön anzuhören war die festliche „Liberty Fanfare“, die der bekannte Komponist John Williams im Jahr 1986 als Anlass der Feierlichkeiten zum hundertjährigen Bestehen der Freiheitsstatute komponierte. Bei der Programmzusammenstellung legte Oberstleutnant Christoph Scheibling großen Wert auf Musik, die Freiheit und Frieden symbolisieren soll. Mit der von Orchestermitglied Stabsfeldwebel Guido Rennert komponierten Freiheitssinfonie „Wir sind das Volk“ erinnerte das Musikkorps im Oktober 2015 beim Festakt „25 Jahre Deutsche Einheit“ in Frankfurt an den besonderen Tag, als die Mauer fiel und das geteilte Deutschland vereinte. Im nächsten Jahr will sich das Orchester den Themen 30 Jahre Mauerfall und 70 Jahre Grundgesetz widmen und in 50 Konzerten in ganz Deutschland die deutschen Werte musikalisch zum Ausdruck bringen.
Guido Rennert machte mit einem gekonnten Arrangement im Konzertprogramm auch eine musikalische interkulturelle Begegnung mit der westlichen Musik eines sinfonischen Blasorchesters und Klavierspiel und Gesang des syrisch-palästinensischen
Bürgerkriegsflüchtlings Aeham Ahmad möglich. Ahmad, der während des syrischen Bürgerkrieges im Flüchtlingslager Jarmuk als „Pianist in den Trümmern“ bekannt wurde, fand in Olpe den Weg zur Musikschule und ist inzwischen ein in ganz Deutschland gefeierter und umworbener Künstler. Es ging unter die Haut, als er mit klagender Stimme und etwas düsterem Klavierspiel den Titel „I forgot my name“ vortrug. Wesentlich leichter war sein zweiter Titel, ein Kinderlied, mit dem er im syrischen Bürgerkrieg ein Zeichen von Hoffnung und Zuversicht setzen wollte, Ahmad beklagt in seinen Songs das Geschehen in seiner Heimat Syrien und drückt sein großes Heimweh aus. Aber er würdigte auch Deutschland und Europa, wo er in Frieden leben kann. Diese Stimmungen setzten der Pianist und das Orchester dank des genialen Arrangements im Finale mit der „Ode an die Freude“ oder besser bekannt als Europa-Hymne in großer Harmonie um. Die musikalische interkulturelle Begegnung löste nicht nur Gänsehauteffekte bei den Zuhörern aus, sondern eröffnete auch einen neuen Blick auf das Thema Flüchtlinge. „Wir können alle fühlen, was Aeham musikalisch ausdrücken will, aber wir können nicht ahnen, was er durchgemacht hat“, betonte der Dirigent.
Im Anschluss erklang die „Festouvertüre 1812“ von Peter Iljitsch Tschaikowsky. Ein meisterhaftes und technisch höchst anspruchsvolles Stück über den Sieg Russlands in den Napoleonischen Kriegen 1812, in das der große Komponist zwei russische Volkslieder, eine liturgische Melodie der russisch-Orthodoxen Kirche, und die zwei Nationalhymnen Marseillaise und Zarenhymne verarbeitete.
Der zweite Programmteil begann mit der Trailermusik „Flight oft he Silverbird“. Oberfeldwebel Alexander Reuber (Trompete) aus Olpe gelang dieses großartige Arrangement, dem Trommler aus dem Spielmannszug der Bundeswehr eine spannende Ausstrahlung verliehen. Danach war es wieder Guido Rennert, der die Gäste zum Staunen brachte. Mit „Spirit of Scotland“, bei dem Dudelsackspieler Thomas Zöller im schottischen Kilt Glanzpunkte setzte, hat er ein instrumentationstechnisches Meisterwerk mit höchster Klangvielfalt geschaffen und lässt ein sinfonisches Blasorchester wie einen Dudelsack klingen. Im Finale zeigte das Orchester, das am 22. November in dem angesagtesten Konzertsaal der Welt, der Elbphilharmonie in Hamburg, zu Gunsten sozial benachteiligter Kinder aufspielt, mit „Symphonic Piano Man“ noch einmal seine große internationale Klasse. In der Olper Stadthalle ist es am 19. September 2019 erneut zu Gast, wenn es das Festkonzert zum 100-jährigen Jubiläum des Musikvereins Frenkhausen gestaltet.
Die Besucher dankten mit stehenden und lang anhaltenden Ovationen für einen Konzertabend der Extraklasse und freuten sich, als sie bei den Zugaben in einem Marsch das Olper Schützenlied entdeckten, in das sie gern einstimmten. Die Deutsche Nationalhymne bildete dann den krönenden Abschluss des Benefizkonzertes.
Text und Bilder: Marianne Möller, Siegener Zeitung