Sebastianus aus Aufkleber

Schutz­pa­tron der Schüt­zen: Der Fest­tag des hl. Sebastianus 

 

Die tie­fe Fröm­mig­keit der Men­schen im Mit­tel­al­ter kommt in beson­de­rer Wei­se in der Ver­eh­rung von Hei­li­gen, als Mitt­ler zu Gott zum Aus­druck. Die Vita eines Hei­li­gen oder die beson­de­ren Umstän­de sei­nes Todes gaben Anlass, ihn in bestimm­ten Situa­tio­nen um Hil­fe und Für­spra­che anzu­fle­hen. Dem­entspre­chend wur­den bestimm­te Hei­li­ge Berufs­grup­pen, Zünf­ten und Bru­der­schaf­ten als Patro­ne zuge­ord­net, die hier nicht nur eine Ver­eh­rung durch die ein­zel­nen Mit­glie­der, son­dern — in Zunft­ord­nun­gen und Sat­zun­gen fest­ge­legt — durch die Gemein­schaft erfuh­ren. Neben dem gemein­sa­men Kirch­gang an den Patro­nats­fest­ta­gen täti­ge man auch ver­schie­dens­te kirch­li­che Stif­tun­gen zu Ehren des Schutz­pa­trons. So ist auch die ältes­te Quel­le, die auf die Olper Schüt­zen bezo­gen wer­den kann, ein Kir­chen­do­ku­ment des Jah­res 1524, wel­ches in Ver­bin­dung mit der Ver­eh­rung des hl. Sebas­tia­nus steht. Der hl. Sebas­tia­nus wur­de bereits im Mit­tel­al­ter auf­grund sei­nes Mar­ty­ri­ums beson­ders von Schüt­zen und Schüt­zen­bru­der­schaf­ten, Sol­da­ten, Jägern und Büch­sen­ma­chern ver­ehrt. Nach der im 5. Jahr­hun­dert geschrie­be­nen Vita soll der Hei­li­ge aus Mai­land stam­men und gegen Ende des 3. Jahr­hun­derts in Rom, wäh­rend der Chris­ten­ver­fol­gung, als Offi­zier der Leib­gar­de des Kai­sers Dio­kle­ti­an auf des­sen Befehl mit Pfei­len beschos­sen wor­den sein, die ihn aber nicht töd­lich trafen.

Das Brauch­tum der Hei­li­gen­ver­eh­rung wur­de in den ver­schie­dens­ten sozia­len Gemein­schaf­ten in nach­mit­tel­al­ter­li­cher Zeit wei­ter­ge­pflegt und erlang­te im Barock eine wei­te­re Blü­te. Die Ver­eh­rung des hl. Sebas­tia­nus als Patron der Schüt­zen ist auch in Olpe durch eine Urkun­de des Jah­res 1713 belegt, als 24 Olper Schüt­zen eine Mes­se für “die leben­di­gen Brü­der und Schwes­tern der hoch­löb­li­chen Bru­der­schaft Sanc­ti Sebas­tia­ni” und eine für “die See­len aller ver­stor­be­nen Brü­der und Schwes­tern der oben berühr­ten hoch­löb­li­chen Sebas­tia­ni­schen Con­fra­ter­ni­tät” stif­te­ten. Der Nicht­be­such die­ser Stifts­mes­sen wur­de für die Mit­glie­der unter Stra­fe gestellt und sie muss­ten in die­sem Fall dem Vikar ein Maß Wein zukom­men las­sen. 1781 ver­pflich­te­te die Sat­zung der Olper Schüt­zen­kom­pa­nie ihre Mit­glie­der dazu, den Ver­eins­pa­tron ein­mal wöchent­lich zu ver­eh­ren. Dazu soll­ten sie in der Pfarr­kir­che vor dem Sebas­tia­nus­al­tar beten, um die Pest und ande­res Unheil abzuwehren.

Die 1815 ange­schaff­te Schüt­zen­fah­ne, die die Gesell­schaft 1828 dem neu­en Ver­ein über­gab, zeigt den hl. Sebas­tia­nus neben dem Stadt­pa­tron St. Mar­tin. Damit über­nahm man im wei­tes­ten Sin­ne die Ver­eh­rung des Schüt­zen­pa­trons, mani­fes­tiert dies jedoch nicht in der ers­ten Ver­eins­sat­zung. In dem Pro­to­koll vom 17. Janu­ar 1829 wird die Fra­ge gestellt, ob der Fest­tag des hl. Sebas­tia­nus auch von der jet­zi­gen, neu­en Schüt­zen­kom­pa­nie gefei­ert wird, bzw. wie der Patro­nats­tag began­gen wer­den soll. Nach ein­ge­hen­der Bespre­chung ent­schloss sich der Vor­stand, einen fei­er­li­chen Zusam­men­tritt der Schüt­zen­kom­pa­nie zur Bei­woh­nung des Got­tes­diens­tes, wie es die alte Schüt­zen­ge­sell­schaft pfleg­te, zu unter­las­sen und jedem Schüt­zen­bru­der die Teil­nah­me hier­an frei­zu­stel­len. Dem Vikar soll­te jedoch wei­ter­hin für das Abhal­ten der Mes­sen am 20. und 21. Janu­ar eine Ver­gü­tung von 1 Thl und 15 Sgr, dem Küs­ter 1 Thl und dem Orga­nis­ten 11 Sil­ber­gro­schen gezahlt wer­den. Mit dem Anwach­sen der Volks­fröm­mig­keit in der Mit­te des 19. Jahr­hun­derts nahm auch der Olper Schüt­zen­ver­ein eine deut­li­che­re Stel­lung zum Ver­eins­pa­tron ein. Die Stif­tung der Patro­nats­mes­sen wur­de in der über­ar­bei­te­ten Sat­zung des Jah­res 1858 auf­ge­nom­men und der hl. Sebas­ti­an jetzt im Ver­eins­na­men geführt.

Der 20. Janu­ar, der Fest­tag des hl. Sebas­tia­nus, eta­blier­te sich in der zwei­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts als ein wich­ti­ger Tag für die Vor­stands­mit­glie­der des Olper Schüt­zen­ver­eins. Seit den 1870er Jah­ren wird an die­sem Tag eine Vor­stands­voll­ver­samm­lung abge­hal­ten, die in den über­ar­bei­te­ten Sta­tu­ten des Jah­res 1883 als ein­zi­ge ter­min­lich fest­ge­setz­te Sit­zung fest­ge­schrie­ben ist.

An die­sem Tag wird der Beschluss zur Abhal­tung des Schüt­zen­fes­tes getrof­fen, bis ins frü­he 20. Jahr­hun­dert wur­den die not­wen­di­gen Kom­mis­sio­nen am 20. Janu­ar gebil­det und lan­ge wur­den die neu gewähl­ten Vor­stands­mit­glie­der auf die­ser ers­ten Sit­zung im neu­en Jahr per Hand­schlag in ihr Amt ein­ge­führt. An der Wen­de vom 19. zum 20. Jahr­hun­dert sah man in der Fei­er des Sebas­tia­nus­ta­ges eine Tra­di­ti­on, die gepflegt wer­den muss­te und bezog sich dabei auch auf die Früh­zeit des Olper Schüt­zen­we­sens. So wür­digt der Major in sei­ner Anspra­che zum Sebas­tia­nus­fest des Jah­res 1906 die Fest­ver­samm­lung, deren Ursprung nach noch vor­han­de­nen Akten bis in Barock­zeit zurück­zu­ver­fol­gen ist.

 

Sebas­tia­nus­mes­se

Die Sebas­tia­nus­mes­se, zu der die Schüt­zen­of­fi­zie­re laut Sta­tu­ten erschei­nen müs­sen, wur­de bis 1973 in den Mor­gen­stun­den gehal­ten. Am Abend traf sich der Vor­stand zur Ver­samm­lung in einer Olper Gast­wirt­schaft und hielt dort anschlie­ßend einen Fest­schmaus. Heu­te tref­fen sich die Vor­stands­mit­glie­der in dunk­lem Anzug, mit Kap­pe, wei­ßen Hand­schu­hen und Abzei­chen im Haus des Majors, von wo sie mit Fah­ne und beglei­tet durch einen Tromm­ler zur St.-Martinus-Kirche marschieren.

Das Sebas­tia­nus­hoch­amt beginnt um 18:30 Uhr und wird vom Schüt­zen­vi­kar gehal­ten. Die Olper Feu­er­wehr­ka­pel­le gestal­tet seit 1971 die Mes­se sehr fest­lich mit. Schüt­zen­of­fi­zie­re in Uni­form beglei­ten den Got­tes­dienst als Minis­tran­ten und Kol­lek­tan­ten. Der Schüt­zen­ma­jor spricht die Lesung und der Schüt­zen­haupt­mann die Für­bit­ten. Zum fes­ten Lied­be­stand­teil der Mes­se gehö­ren das Ein­gangs­lied “Hier liegt vor dei­ner Majes­tät”, von Johann Micha­el Haydn, und das Schluss­lied “Du mein Schutz­geist Got­tes Engel”. Das alte Olper “Engels­lied” wur­de ver­mut­lich schon im frü­hen 19. Jahr­hun­dert von den Olper Schüt­zen gesun­gen. Den Text dazu ver­fass­te Gott­lieb Will­helm Bur­mann (1737–1805), die Melo­die schrieb Pfar­rer Mel­chi­or L. Herold. Nach dem “Engels­lied” wird die Sebas­tia­nus­li­ta­nei gebe­tet, wozu sich der gesam­te Vor­stand mit Schüt­zen­kö­nig und den Zele­bran­ten vor der Skulp­tur des Schutz­pa­trons auf­stel­len. Bis zur Ein­rich­tung einer eige­nen Nische im süd­li­chen Sei­ten­chor im Jah­re 1957 wur­de die Hei­li­gen­skulp­tur zum Sebas­tia­nus­fest links auf dem Altar auf­ge­stellt. Die Lita­nei — viel­leicht eine Abschrift des ursprüng­li­chen Gebets­tex­tes — wur­de nach einem hand­schrift­li­chen Nach­trag in einem Gebet­buch der Fami­lie Boden­staff aus Olpe gedruckt. Das Buch mit der Lita­nei ist ver­lo­ren gegan­gen. Es ist über­lie­fert, dass die Sebas­tia­nus­li­ta­nei bis etwa 1922 am Fest des Hei­li­gen nach der Schüt­zen­mes­se in der Olper Pfarr­kir­che gebe­tet wur­de. Nach eini­gen Jah­ren Pau­se führ­te man 1932 das Beten der Lita­nei wie­der ein.

Zum Abschluss wird das Lied “Zu dir schick ich mein Gebet” gesun­gen. Nach der Mes­se for­miert sich der Vor­stand auf der Frank­fur­ter Stra­ße, um mit einem Tromm­ler zu dem Lokal zu mar­schie­ren, in dem der Fest­abend statt­fin­det. Bevor der fest­li­che Abend beginnt ver­sam­meln sich die Offi­zie­re hier zur Sebas­tia­nus-Sit­zung, deren wich­tigs­te Tages­ord­nungs­punk­te die Abstim­mung dar­über ist, ob in die­sem Jahr Schüt­zen­fest gefei­ert wird und ob wie­der Frei­bier aus­ge­schenkt wer­den soll. Seit 1975 kom­men die Frau­en der Vor­stands­mit­glie­der nach der Sit­zung hin­zu und neh­men an dem Fest­abend teil.

Quel­le
Andrea Are­ns: St. Sebas­tia­nus Schüt­zen­ver­ein Olpe
Schüt­zen­we­sen — Ver­eins­ge­schich­te — Struk­tu­ren
Olpe 2011 , Sei­ten 390f, 392f

 

 

Sebastianus

 

Dar­stel­lung St. Sebas­tia­nus in der St. Mar­ti­nus Pfarr­kir­che Olpe

Als Zeu­ge des Alters der Olper Schüt­zen­bru­der­schaft kann zwei­fel­los der Sebas­tia­nus­al­tar gel­ten. Schon kurz nach 1500 wer­den ver­schie­de­ne Ein­künf­te des St. Sebas­tia­nus­al­tar erwähnt (Fork, Gesch. der Stadt Olpe und Hirsch­mann, Pfarr­ge­schich­te). Viel­leicht wird der schon früh erwähn­te Sebas­tia­nus-Altar der “des heyli­gen Creut­zes” in der Pfarr­kir­che sein, “wor­auf ein seit­lings Patron der Heyli­ge Sebas­tia­nus ist”. Im Jah­re 1647 wur­de neben vier ande­ren Altä­ren in der Mar­ti­nus Pfarr­kir­che auch ein Sebas­tia­nus­al­tar erwähnt.

Pfar­rer Ermert (1698 — 1710) ließ den Altar reno­vie­ren. Er beklagt sich dar­über, dass die Schüt­zen­bru­der­schaft dem St. Sebas­tia­nus-Altar die her­kömm­lich all­jähr­lich gelie­fer­ten 11 Pfund Wachs vor­ent­hal­te. “Auch habe die Bru­der­schaft als Altar-Ren­te jähr­lich 13 Rader-Albus zu geben, allein die las­se die­ses Geld den Vikar bezah­len, sodass also der Schüt­zen­vi­kar statt der Bru­der­schaft die Ren­te zah­le. — Die Schüt­zen­bru­der­schaft habe vor Jah­ren ein Legat von 15 Tha­lern für den St. Sebas­tia­nus-Altar gemacht, aber bis heu­te nicht aus­ge­zahlt, viel­mehr das Geld ver­pro­zeßt”
(Hirsch­mann Pfarrgeschichte)

In der neu­en Pfarr­kir­che (1909) besteht kein Sebs­tia­nus-Altar mehr. Wohl wird eine uralte Sta­tue des hl. Sebas­tia­nus an des­sen Fes­te (20. Janu­ar) an der Evan­ge­li­en­sei­te des Hoch­al­tars aufgestellt.

Sicher­lich gehört die­se Sta­tue mit zu den ältes­ten Stü­cken aus der Zeit vor dem Olper Bran­de her. Die Figur ist aus Holz und etwa 80 cm hoch.

Der Schüt­zen­kö­nig von 1929, Edmund Mund, hat auf sei­nem dem Schüt­zen­ver­ein gestif­te­ten Orden das Bild der erwähn­ten Sta­tue ein­gra­vie­ren las­sen. Es mag an die­ser Stel­le auch erwähnt wer­den, dass sich ein gro­ßes Bild von St. Sebas­tia­nus im Fens­ter über dem Josefs-Alta­re der Mar­ti­nus Kir­che befin­det.
(Soweit Auf­zeich­nun­gen aus Olper Hei­mat­blät­ter 9/1932)

Seit 1957 hat die St. Sebas­tia­nus Sta­tue im rech­ten Kir­chen­schiff, nach­dem sie in Pader­born wie­der auf­ge­frischt wor­den war, in einer beson­de­ren Nische in der Pfarr­kir­che Auf­stel­lung gefun­den.
(Schrei­ben des Pfar­rers Her­mann an den Schüt­zen­vor­stand, 20.01.1957)

Das Glas­fens­ter mit dem Bild des hl. Sebas­tia­nus in der Mar­ti­nus Pfarr­kir­che wur­de 1945 durch Kriegs­ein­wir­kung zer­stört. Der bekann­te Hei­mat­for­scher Nor­bert Schee­le schreibt 1932 in den Hei­mat­blät­tern:
“Mögen sich die Schüt­zen dau­ernd bewusst sein, dass St. Sebas­tia­nus ihr Patron ist!”

U.V., 5/97